The Collaborative Mendel Mendel's Paper: A Collaborative Hypertext
2: Auswahl der Versuchspflanzen


Versuche über Pflanzen-Hybriden (1865)
von Gregor Mendel.


Auswahl der Versuchspflanzen.

Der Werth und die Geltung eines jeden Experimentes wird durch die Tauglichkeit der dazu benützten Hilfsmittel, sowie durch die zweckmässige Anwendung derselben bedingt. Auch in dem vorliegenden Falle kann es nicht gleichgiltig sein, welche Pflanzenarten als Träger der Versuche gewählt und in welcher Weise diese durchgeführt wurden.

Die Auswahl der Pflanzengruppe, welche für Versuche dieser Art dienen soll, muss mit möglichster Vorsicht geschehen, wenn man nicht in Vorhinein allen Erfolg in Frage stellen will.

Die Versuchspflanzen müssen nothwendig

  1. Constant differirende merkmale besitzen.
  2. Die Hybriden derselben müssen während der Blüthezeit vor der Einwirkung jedes fremdartigen Pollens geschützt sein oder leicht geschützt werden können.
  3. Dürfen die Hybriden und ihre Nachkommen in den aufeinander folgenden Generationen keine merkliche Störung in der Fruchtbarkeit erleiden.
Fälschungen durch fremden Pollen, wenn solche im Verlaufe des Versuches vorkämen und nicht erkannt würden, müssten zu ganz irrigen Ansichten führen. Verminderte Fruchtbarkeit, oder gänzliche Sterilität einzelner Formen, wie sie unter den Nachkommen vieler Hybriden auftreten, würden die Versuche sehr erschweren oder ganz vereiteln. Um die Beziehungen zu erkennen, in welchen die Hybridformen zu einander selbst und zu ihren Stammarten stehen, erscheint es als nothwendig, dass die Glieder der Entwicklungsreihe in jeder einzelnen Generation vollzählig der Beobachtung unterzogen werden.

Eine besondere Aufmerksamkeit wurde gleich Anfangs den Leguminosen wegen ihres eigenthümlichen Blüthenbaues zugewendet. Versuche, welche mit mehreren Gliedern dieser Familie angestellt wurden, führten zu dem Resultate, dass das Genus Pisum den gestellten Anforderungen hinreichend entspreche. Einige ganz selbständige Formen aus diesem Geschlechte besitzen constante, leicht und sicher zu unterscheidende Merkmale, und geben bei gegenseitiger Kreuzung in ihren Hybriden vollkommen fruchtbare Nachkommen. Auch kann eine Störung durch fremde Pollen nicht leicht eintreten, da die Befruchtungs Organe vom Schiffchen enge umschlossen sind und die Antheren schon in der Knospe platzen, wodurch die Narbe noch vor dem Aufblühen mit Pollen überdeckt wird. Dieser Umstand ist von besonderer Wichtigkeit. Als weitere Vorzüge verdienen noch Erwähnung die leichte Cultur dieser Pflanze im freien Lande und in Töpfen, sowie die verhältnissmässig kurze Vegetationsdauer derselben. Die künstliche Befruchtung ist allerdings etwas umständlich, gelingt jedoch fast immer. Zu diesem Zwecke wird die noch nicht vollkommen entwickelte Knospe geöffnet, das Schiffchen entfernt und jeder Staubfaden mittelst einer Pincette behutsam herausgenommen, worauf dann die Narbe sogleich mit den fremden Pollen belegt werden kann.

Aus mehreren Samenhandlungen wurden im Ganzen 34 mehr oder weniger verschiedene Erbsensorten bezogen und einer zweijährigen Probe unterworfen. Bei einer Sorte wurden unter einer grösseren Anzahl gleicher Pflanzen einige bedeutend abweichende Formen bemerkt. Diese variirten jedoch im nächsten Jahre nicht und stimmten mit einer anderen, aus derselben Samenhandlung bezogenen Art vollständig überein; ohne Zweifel waren die Samen bloss zufällig beigemengt. Alle anderen Sorten gaben durchaus gleiche und constante Nachkommen, in den beiden Probejahren wenigstens war eine wesentliche Abänderung nicht zu bemerken. Für die Befruchtung wurden 22 davon ausgewählt und jährlich, während der ganzen Versuchsdauer angebaut. Sie bewährten sich ohne alle Ausnahme.

Die systematische Einreihung derselben ist schwierig und unsicher. Wollte man die schärfste Bestimmung des Artbegriffes in Anwendung bringen, nach welcher zu einer Art nur jene Individuen gehören, die unter völlig gleichen Verhältnissen auch völlig gleiche Merkmale zeigen, so könnten nicht zwei davon zu einer Art gezählt werden. Nach der Meinung der Fachgelehrten indessen gehört die Mehrzahl der Species Pisum sativum an, während die übrigen bald als Unterarten von P. sativum, bald als selbständige Arten angesehen und geschrieben wurden, wie P. quadratum, P. saccharatum, P. umbellatum. Uebrigens bleibt die Rangordnung, welche man denselben im Systeme gibt, für die in Rede stehenden Versuche völlig gleichgiltig. So wenig man eine scharfe Unterscheidungslinie zwischen Species und Varietäten zu ziehen vermag, eben so wenig ist es bis jetzt gelungen, einen gründlichen Unterschied zwischen den Hybriden der Species und Varietäten aufzustellen.


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